U15-Winterrückblick - Entwicklung, Fortschritt? Echt? Echt!
Daniel Rohn, 05.02.2007
Fehler und ihre Bedeutung
"Magic Johnson" war in den 80er Jahren der herausragende Passgeber in der NBA. Fünf Meisterschaften und drei Titel als wertvollster Spieler (MVP) gehören zu seinen Erfolgen. Was viele nicht wissen. Eine Saison lang war der herausragendste Spieler auch der Spieler mit den meisten Ballverlusten. Warum? Weil er mit Abstand die meisten Bälle seines Team in seinen Händen hatte. Spieler, die Verantwortung übernehmen, werden unweigerlich auch Fehler machen.
Gute Spieler sind nicht diejenigen, die keine Fehler machen. Gute Spieler sind solche, die sich von Fehlern nicht verunsichern lassen, die gleichen Fehler nicht mehrmals machen, daraus lernen. Das macht sie gut. Das Problem: unsere Jungs haben auch im Freien viele Fehler gemacht, der sportliche Erfolg hat das übertüncht. Es ist nicht aufgefallen, weil die Fehler fast immer ohne Konsequenz blieben, oft konnte der gleiche Junge, der den Fehler gemacht hat, den Fehler wieder ausbügeln. Und das ist das eigentliche Drama. Denn der Lerneffekt daraus ist gering.
Anders in der Halle. Auf einmal entscheiden Fehler Spiele und die eigenen guten Aktionen, solche, die den "Unterschied" machen, sind deutlich schwieriger umzusetzen. Weil das Niveau höher war. Viele Gegenspieler aus der Bayernliga und Regionalliga waren so stark, dass sie unsere Fehler ausnutzen konnten. Gut so.
Denn wir sind jetzt an einem Punkt, wo es uns kaum noch gelingen wird, den Einzelnen entscheidend zu verbessern, wenn ein Junge auch mit 80% immer noch bequem ins Ziel kommt, weil er sein Spiel immer noch mit fünf, sechs Toren Unterschied gewinnt.
Im Freien mussten einige nicht oft genug an die Grenzen ihrer Möglichkeiten gehen, in der Halle mussten sie es alle. Natürlich liegen diese Grenzen unterschiedlich hoch. Aber in der Komfortzone wird sich ein Junge auf Dauer nicht seinen Möglichkeiten entsprechend entwickeln, er wird ein Junge mit Potential bleiben, aber es niemals nutzen. Weil es es nie musste. Wie will man denn höher springen, wenn man die Latte immer auf der gleiche Höhe lässt?
Wir müssen uns nun einfach ganz genau anschauen, was haben unsere Jungs gut gemacht und was hätten sie noch besser machen können, um künftig vielleicht noch etwas höher zu springen. Alles richtig einordnen und die guten Dinge mitnehmen, Entwicklung nennt sich das. In welche Richtung sich alles entwickelt hat, kann verstehen, wer das Team schon länger begleitet. Wir haben nun mittlerweile einige Jungs, die auf höchstem Niveau fußballerisch bestehen können und dies auch zeigen - wenn sie die Gelegenheit dazu haben.
Das Phänomen namens Anpassung - Gut sein, wenn es drauf ankommt
Ziele im Sport sollten möglichst ambitioniert und attraktiv sein, bei zu niedrig gestreckten Zielen, oder solchen, die man selbst als vermeintlich niedrig einstuft, mobilisiert ein Sportler nicht alle Reserven, da man „ja eh nur so hoch springt wie man muss“. Dass dies nicht nur graue (Wissenschafts-)Theorie ist, haben viele Spieler der U15 immer wieder unfreiwillig unter Beweis gestellt. Gegen Regionalliga und Bayernliga-Mannschaften sah man von vielen Akteuren Dinge, die zu diesem Niveau passen, Dinge, die nicht nur ausreichen, um sich zu wehren und dagegen zu halten, sondern Aktionen, mit denen sie sich auf höchstem Niveau durchsetzen konnten und hier immer noch Akzente setzen konnten. Gegen den VfB Stuttgart konnte man sich ebenso durchsetzen wie gegen den FC Memmingen oder den FC Ingolstadt, gegen den FSV Mainz, Greuther Fürth oder Wacker Burghausen scheiterte man nur knapp mit einem Tor, spielte aber ausnahmslos immer nahezu auf Augenhöhe mit.
Das allein ist überragend. Die gleichen Akteure hatten aber manchmal Mühe, im Landkreis auf niedrigerem Niveau die gleichen Fähigkeiten abzurufen, mit der Konsequenz, dass in vielen Spielen einfach die aktive Spielgestaltung nicht in letzter Konsequenz gelang, man dominierte nicht in der Weise, wie man es könnte. So schaffte man als eines von zwei SCF-Teams nicht die Quali zur Oberbayerischen Hallenmeisterschaft, beim Futsal verpasste man als Oberbayerischer Vize-Meister die Teilnahme an der Bayerischen Meisterschaft. Nicht, weil man die sportlichen Qualitäten dazu nicht gehabt hätte mehr zu erreichen, sondern weil es nicht gelang, sie in entscheidenden Momenten auch einzubringen.
Dafür können wir viele Gründe suchen, Schiedsrichter, Stimmung gegen uns, Fouls, vielleicht auch Müdigkeit vom Turnier am Vortag, und dergleichen mehr und jeder hätte sicher seine Berechtigung. Doch wir tun gut daran uns keine Gedanken zu machen über Dinge, die nicht in unseren Händen liegen. Die Welt ist manchmal ungerecht und der Fußball bereitet unsere Jungs darauf vor. Denn diese Dinge wird es immer geben, solange Fußball gespielt wird. Vielmehr sollten wir und unsere jungen Talente sich Gedanken machen über jene Dinge, die sie beeinflussen können. Im Sport wird es für unsere Jungs nun zunehmend darum gehen, gut zu sein, wenn es darauf ankommt. Auch das ist ein Lernprozess, denn in jungen Jahren wurde die Leistung unserer Jungs ganz gezielt nicht an ihren Ergebnissen festgemacht. Das größere Ziel war ihnen eine möglichst druckfreie Umgebung zu schaffen, in der sie möglichst viel lernen (wollen!), ohne dabei aus Angst vor Fehlern nichts neues (dazuzu-)lernen.
Resultat sind viele gute junge Fußballer, die nun noch besser umsetzen müssen und werden, gut zu sein, wenn es darauf ankommt. Gelegenheiten dafür werden sie in den nächsten Monaten ausreichend haben.
Was aufgefallen ist
Verfolgt man Diskussionen am Spielfeldrand oder bei Turnieren, liest man Spielberichte, so entsteht oft folgender Eindruck. Es wird angenommen, Sportler hätten entweder das, worauf es ankommt – oder es mangle ihnen unabänderlich an bestimmten Fähigkeiten. Ich glaube nicht daran. Es gibt keine einzige fußballerische Fähigkeit, die nicht erlernbar wäre. Auch konditionelle und koordinative Fähigkeiten sind erlernbar – durch systematisches Training. Stichwort Entwicklung. Man muss eben Geduld und Fleiß mitbringen. Und natürlich werden die Fähigkeiten am Ende trotzdem unterschiedlich gut beherrscht, aber sie werden beherrscht!
Wir sind in der C-Jugend in einem Altersbereich, wo sehr deutlich wird, welche Inhalte ein Junge bislang in seinem Training hatte und welche Grundeinstellung (vereinfacht gesagt: aktiv oder passiv?) er für sich entdeckt hat. Man muss sich nur die Mühe machen, einmal genau darauf zu achten, wie er sich verhält, wenn er unter (großem) Zeit- und Gegnerdruck steht. Findet er immer eine Lösung, die für die Mannschaft am besten ist oder eine, die am besten (= am einfachsten) für ihn selbst ist?
Sich auf Ergebnisse zu konzentrieren, führt eben oft genau zu dieser „Fehlervermeidungsstrategie“. Jeder ruft nur ab, von dem er genau weiß, dass er es kann. Was können diese Spieler dann am Ende einer Saison? Das, was sie ohnehin schon konnten. Eigentliches Ziel aber ist der Ausbau der eigenen Fähigkeiten. Stärken stärken, Schwächen schwächen. Wenn das gut gelingt, steht am Ende oft genug ein gutes Ergebnis, aber nicht als Ziel, sondern als Konsequenz. Denn elf Fußballer, die sich permanent verbessern, werden keine so schlechten Spiele machen. Erfolg lässt sich nicht planen, Leistung schon. Darauf wird weiterhin der Schwerpunkt liegen.
Quelle:Daniel Rohn
